„ Die Zukunft des Kapitals ”

Ein Interview zur Lage und Zukunft des Kapitals und unserer Gesellschaft
Dieses fiktive  Gespräch führte  ich am 8.2.2012 mit dem Chef der deutschen Bank Josef Ackermann

Ackermann:  Herr Mischkowski, wir haben uns hier zusammengesetzt, um über die gegenwärtigen Probleme des Kapitalismus und eine mögliche Zukunft zu sprechen. Künstler sind ja in der Regel eher links angesiedelt und so bin ich schon gespannt, ob da Neues von Ihrer Seite kommt.  Das Thema, dass wir gewählt haben, betrifft den so genannten  Kapitalismus, der heute mehr denn ja kritisiert wird. Wie stehen Sie dazu ?
Mike: Aus meiner Sicht haben wir kein Problem mit dem Kapitalismus, sondern mit der extremen Unreife des Menschen.
Ackermann: Jetzt enttäuschen sie mich aber. Ich habe fest mit einer sehr harschen Kritik gerechnet - ja fast mit einem   “in der Luft zerreißen”.
Mike: Mein Eindruck ist, dass im Prinzip jeder Mensch Begriffe anderes deutet und natürlich auch den Begriff Kapitalismus. Wie deuten denn sie dieses Wort ?
Ackermann: Kapitalismus ist ein Teil der Demokratie und wie sich ja zeigt, die einzige verbleibende Grundlage für Wirtschaft und Wachstum. Die sozialistischen Systeme sind zum größten Teil implodiert und was übrigbleibt ist der Kapitalismus.
Mike: Mir erscheint die gegenwärtige Form unseres finanziellen Systems extrem ungewichtig und in der Essenz destruktiv. Geht es ihnen da anders?
Ackermann: Selbstverständlich gibt es hier und da extreme Erscheinungen wie z.B. überzogene Bonis usw. aber insgesamt funktioniert dieses System doch ganz praktisch als Grundlage unserer Wirtschaft und des politischen Systems. Extreme Randerscheinungen gibt es in jedem Bereich, denken sie nur an die Kirche mit pädophilen Pfarrern. Soll die Kirche wegen diesen Einzeltätern abgeschafft werden ?
Mike: Diesen Vergleich finde ich sehr interessant. So wie die Kirche ihre Macht und Position zunehmend verliert, wird es auch dem Kapitalismus gehen.
Ackermann: Da bin ich ja gespannt, was sie als Alternative sehen.
Mike: Ich sehe einen reifen Kapitalismus.
Ackermann: Was soll denn das sein ?
Mike: Ein reifer Kapitalismus ist ein Kapitalismus, der von reifen Menschen gelebt wird.
Ackermann: Der da wäre ?
Mike: Ein reifer Mensch hat z.B. kein Interesse daran, den anderen zu übervorteilen oder auszubeuten. Für einen reifen Mensch ist die Anhäufung von Geld – vor allem diese extreme Anhäufung – kein Ziel. Da gibt es andere Wertigkeiten.
Ackermann: Träumens schön weiter. Dieses Gerede vom guten Menschen hat uns der Sozialismus wunderbar demonstriert.
Mike: Also meiner Beobachtung nach waren die sozialistischen Länder ebenso von unreifen Menschen geführt und bevölkert wie der heutige Kapitalismus.
Ackermann: Der Mensch ist halt so wie er ist, nämlich egoistisch und gierig und daran werden auch sie nichts ändern.
Mike: Diesen Spruch haben sie schön auswendig gelernt und wenn der Mensch tatsächlich so wäre, wie sie sagen, hätten sie recht. Aber das Wesen des Menschen ist eben nicht so – Gott sei Dank – und daher gibt es Hoffnung auf Veränderung.
Ackermann: Wenn ihnen ihre Hoffnung weiter hilft, nur zu bitte.
Mike: Ich sehe nicht nur Hoffnung, sondern auch ganz praktische Wege und vor allem viele viele Menschen und Aktivitäten, die ein ganz anderes Menschsein aufzeigen.
Ackermann: Meinen sie jetzt die unkoordinierten Anarchos der Occupy Bewegung oder die Linke ?
Mike: Ich spreche von ganz unterschiedlichen Bewegungen. Eine ist z.B. die sog. Selbsterfahrungsszene. Ich persönlich kenne diese seit ca. 30 Jahren. Da arbeiten viele Mensch bewusst an ihrer Persönlichkeit, um sich A: tiefer gehender kennenzulernen und B: um ein humanistisches Leben zu führen.
Ackermann: Wo sind denn all diese Gutmenschen ?
Mike: Sie tauchen jedenfalls nicht in der Werbung oder der Bildzeitung auf. Viele arbeiten in Heilberufen und meiner Beobachtung nach in alternativen Berufszweigen, die es heute in fast jedem Bereich gibt.
Ackermann: Welche alternativen Sachen meinen sie da ?
Mike: Eines von vielen Beispielen – ich nenne sie die alternative Psychologie – die Familienaufstellung. Das ist eine Therapieform, die sich aus der Praxis heraus entwickelt hat, und auf der transpersonalen Ebene arbeitet.
Ackermann: Was bedeutet hier transpersonale Ebene ?
Mike: Bei der Familienaufstellung werden Anteile der menschlichen Psyche sichtbar, die wir bisher nicht kannten, welche aber einen direkten und enormen Einfluss auf unser Leben haben. Transpersonal heißt in diesem Fall, aus bisheriger psychologischer Kenntnis und Sicht unbekannte überpersönliche Anteile der menschlichen Psyche. Als Bild gesprochen – bisher war uns bewusst, dass unser Körper Hände, aber keine Arme hat und jetzt erkennen wir, dass wir auch Arme haben und dadurch wesentlich Handlungsfähiger sind als vorher.
Ackermann: Und das soll den Kapitalismus verändern ?
Mike: Bei Menschen, die transpersonale Anteile bei sich kennen gelernt haben, entsteht eine völlig andere Wertigkeit. Bei einer Familienaufstellung wird z.B. sichtbar, dass der Mensch in seinem Wesen fair, sozial und auf Ausgleich bedacht ist und dass diese Prinzipien aus dem Untergrund wirken und unser Leben wie gesagt enorm beeinflussen. Hier zeigt sich, was den Mensch in seinem Inneren wirklich antreibt.
Ackermann: Die Welt zeigt uns das doch jeden Tag zur genüge, was uns antreibt und wirklich wichtig ist. Es ist doch unleugbar, dass Geld der Motor und Grundlage der menschlichen Existenz ist. Geld ist Macht und Macht möchten doch viele haben.
Mike. In ihrer Weltsicht mag das so sein, meine Eigene ist völlig anders und ich kann ganz eindeutig erkennen, dass es immer mehr Menschen gibt, die ihre Weltsicht ganz klar als Illusion erkennen. Eine Weltsicht, die in Wirklichkeit nicht trägt und mit dem eigentlichen Menschsein so gut wie nichts zu tun hat. Geld bzw. Kapital ist eine schöne Sache und gehört zum heutigen Leben. Aber als einziger Wert oder Ziel – völlig ungeeignet.
Ackermann: Und sie meinen, die Familienaufstellung ist die Lösung ?
Mike: Die Familienaufstellung ist eine von sehr vielen Alternativen, die sich in den letzten ca. 30 Jahren entwickelt hat und zu einem anderen Menschsein führt. Anderes Menschsein heißt hier eine andere Lebensart mit anderen Zielen als Geld Geld Geld. Ziele wie z.B. seine persönlichen Gefühle wesentlich mehr zu beachten, was einen großen Einfluss auf das Verhalten hat. Wenn sie eine Schweinerei begehen und auf ihre Gefühle achten, wird ihnen klar, dass das eine Schweinerei ist und sie bekommen den Wunsch, diese Schweinerei sofort aufzuhören und den angerichteten Schaden auch wieder gut zu machen.
Ackermann: Gefühle kann ich mir in meinem Beruf nicht leisten. Die haben da nichts zu suchen.
Mike: Diese Denke bzw. Einstellung führt genau dazu, dass wir uns von unserem eigentlichen Wesen abschneiden, unsere Grundeigenschaften damit ignorieren und dadurch zu Handlungen fähig werden,die dem Mensch in Wirklichkeit nicht entsprechen.
Ackermann: So funktioniert das nun mal.
Mike: Und es geht auch ganz anders. Ich habe den Eindruck, Menschen mit ihrer Einstellung glauben tatsächlich, dieses unreife Verhalten sei Gottgegeben und das Natürlichste und Einzigste auf der Welt. Welch große Beschränktheit.
Ackermann: Die meisten wollen nun mal Geld, Geld und nochmals Geld. Dieser Tatsache sollten sie ins Auge sehen.
Mike: Wenn ich der Tatsache ins Auge sehe,  und meiner Meinung nach mache ich das, sehe ich bei den meisten Menschen nicht die Sehnsucht bzw. das Streben nach Geld Geld Geld, sondern den Wunsch nach Fairness, Liebe, menschlicher Nähe, Freundschaft usw. Also alles andere als Geld. Meiner Ansicht nach haben sie eine sehr verzerrte Sehensweise, was den Mensch anbelangt.
Ackermann: Ich seh das , was ich sehe und davon gehe ich aus. So zeigt sich mir der Mensch.
Mike: Da kommen wir zu einem interessanten Punkt. Die Wahrnehmung. Meine Forschungen zeigen ganz klar, dass der Mensch die Wirklichkeit, die er erlebt, ganz nach seiner Überzeugung deutet. Im Klartext heißt das, er nimmt nicht die vor ihm stehende Wirklichkeit wahr, sondern seine Überzeugungen über die Wirklichkeit, was etwas völlig anderes ist. Wenn ich überzeugt bin, dass der Mensch von Grund auf schlecht ist, deute ich alles, was mir begegnet in diesem Lichte. Selbst wenn sich Mensch sozial verhalten. Dann vermute ich unredliche Absichten dahinter. In der Essenz heißt das, so wie ich die Wirklichkeit deutet, sehen einfach nur meine Überzeugungen aus. Der Mensch, und das möchte ich hier generell sagen, nimmt allermeist die vor ihm sich befindente Wirklichkeit nur sehr verzerrt wahr und handelt dementsprechend. Daher kommen z.B. auch die unsagbar vielen Missverständnisse zustande.
Ackermann: Wir sind jetzt ziemlich weit abgeschweift von unserem Diskussionsthema. Der Kapitalismus und deren Zukunft.
Mike: Meines Erachtens sind wir gar nicht abgeschweift, sondern wir reden über die Kernprobleme.Wenn die Menschen, die heute Unmengen von Geld besitzen, auf ihre Gefühle achten und sie ernst nehmen würden, käme ein ganz anderes Verhalten heraus. Ihr soziales Empfinden würde sie dazu drängen, ihr Geld umgehend fair zu verteilen.
Ackermann: Wenn wenn wenn.
Mike: Ich mache noch eine weitere wichtige Beobachtung. Unsere kollektive Entwicklung, und zwar national wie auch global, folgt Zielen, die tief in unserem Inneren verankert sind. Diese Ziele werden nachhaltig und letztendlich unbeirrbar verfolgt. Wir gestehen uns viele Fehler und Experimente zu und bewegen uns trotzdem wie gesagt letztendlich unbeirrbar auf bestimmte Vorstellungen und Eigenschaften zu. Und diese sind in der Essenz Liebe, Beziehungsfähigkeit, Mitfühlen, Toleranz und all die anderen wunderbaren Eigenheiten, die zum Wesen des Menschen gehören.
Ackermann: Na dann wird ja alles gut ? (Lächelt sarkastisch)
Mike: Wenn sie die heutige Entwicklung aufmerksam beobachten, werden auch sie erkennen, das viele viele Menschen nicht mehr bereit sind, diese unreifen und asozialen Tendenzen des Kapitalismus zu akzeptieren. Dieses ist schon in so vielen unterschiedlichen Bereichen erkennbar, sei es die alternativen Wissenschaften,  Heilbereiche, Technik, Energie usw.. Überall macht sich ein fairer und sozialer Lebensanspruch breit, auf so vielen unterschiedlichen Arten und Wegen. Also wenn ich heute ein normaler Kapitalist wäre, würde es mir Angst und Bange ob meiner Einstellungen und Überzeugungen werden.
Ackermann: Wir werden es ja sehen.
Mike: Jou und ich möchte mich für dieses Gespräch mit ihnen sehr herzlich und aufrichtig bedanken. Vielen Dank.
Ackermann: Ich sage auch vielen Dank.

 

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